Handelsregisterauswertung von startupdetector und iit erlaubt neue Einblicke in die Startup-Szene
Mit 59 Tagen dauert eine Firmengründung vom Notartermin bis zur Handelsregistereintragung in der Hansestadt Bremen fast einen Monat länger als in Augsburg, wo Gründer durchschnittlich nur 32 Tage warten müssen. Hier macht München mit 38 Tagen ähnlich wie Hamburg mit 40 Tagen noch eine ganz gute Figur, wohingegen die Startup-Hauptstadt Berlin mit 56 Tagen weit abgeschlagen ist.
Das berichten das Institut für Innovation und Technik (iit) und der Startup-Analysedienst startupdetector in ihrem gerade veröffentlichten iit/startupdetector report 2019. Das wissenschaftliche Institut hat sich mit dem auf Startups und das Handelsregister spezialisierten Dienst zusammengetan, um einen in seiner Vollständigkeit und Genauigkeit bisher einmaligen Einblick in die Zahlen und Fakten des deutschen Startup-Ökosystems zu erarbeiten. Anstelle von repräsentativen Umfragen, wie in anderen Studien üblich, wurden für diesen Report alle Handelsregisterbekanntmachungen des Jahres 2019 ausgewertet. Dadurch ist der Report nicht auf Hochrechnungen angewiesen und ermöglicht Analysen in nahezu beliebiger Detailtiefe. Eine eigenhändige Startup-Klassifizierung aller Unternehmensgründungen sorgt zudem dafür, dass Startups (Kapitalgesellschaften mit innovativem eigenem Produkt und hohem Wachstumspotential) gesondert betrachtet werden können. Mit dieser Methode wurden aus 105.579 im Vorjahr gegründeten Unternehmen 2.289 (2,2 %) als Startup identifiziert und diese nach Branchenzugehörigkeit, regionaler Verteilung, sowie der Zusammensetzung der Geschäftsführung untersucht. Gleichzeitig wurden für den Zeitraum Juli bis Dezember 982 Startups mit Finanzierungsrunde erfasst und das Investmentverhalten von allen 2.941 in diesem Zeitraum aktiven VCs, Business Angels und anderen Investoren betrachtet.
Die ältesten GeschäftsführerInnen finden sich in Brandenburg
Allein 25% (564) der Startups wurden 2019 in Berlin gegründet, während Schlusslicht Thüringen es nur auf neun Startups brachte. Die häufigsten Zielmärkte waren Software, Gesundheit und eCommerce. Die meisten Startups haben einen Business-to-Business-Fokus. Das Durchschnittsalter der GeschäftsführerInnen lag bei 35 Jahren – mit dem jüngsten Durchschnitt im Saarland und dem ältesten in Brandenburg, wobei die Altersspanne von 18 bis 78 Jahren reichte.
Frauenanteil in allen Bundesländern ausbaufähig
Knapp 15 % der 2019 gegründeten Startups hatten eine oder mehrere Frauen in der Geschäftsführung. Bei dieser Quote liegt Berlin nach Bremen und Baden-Württemberg nur an dritter Stelle. Die für Gründerinnen attraktivsten Märkte sind eCommerce, Lebensmittel und Gesundheit. Insgesamt sind nur 11 % aller GeschäftsführerInnen weiblich. Die meisten männlichen Geschäftsführer hießen übrigens Christian, während bei den Frauen Anne und Julia überwogen.
Öffentliche Wagniskapitalgeber am aktivsten
Laut Report haben 982 Startups im 2. Halbjahr 2019 eine Finanzierungsrunde erhalten. Für diese Analyse wurden alle seit 2010 gegründeten Startups berücksichtigt. Die finanzierten Startups wurden überwiegend zwischen 2015 und 2019 gegründet und waren bei ihrer ersten Finanzierungsrunde im Schnitt 23 Monate alt. Unter den bekanntesten Startups waren Namen wie Tier Mobility und N26, welche im Zeitraum Anteile an elf bzw. acht verschiedene VCs abgaben. Der aktivste Wagniskapitalgeber war der aus Bundesmitteln mitgetragene High-Tech Gründerfonds mit 40 Investitionen im Halbjahr. Mit Abstand folgen HV Holtzbrinck Ventures, die IBB Beteiligungsgesellschaft und der Axel Springer & Porsche Accelerator APX. Startups im Bereich Gesundheit waren dabei für Investoren insgesamt am interessantesten.
Business Angels investieren am liebsten auswärts
Business Angels waren mit 74% die größte Gruppe innerhalb der insgesamt 2.941 aktiven Investoren im 2. Halbjahr 2019. Zwischen zwei und drei Angels waren durchschnittlich pro Runde dabei, wobei der Anteil mit 3,7 in Brandenburg am höchsten war. Dabei kommen dort fast alle beteiligten Angels aus anderen Bundesländern. Insgesamt finden knapp über die Hälfte aller Angel-Investitionen außerhalb ihres heimatlichen Bundeslandes statt. Die aktivsten Angels, wie z.B. die Flixbus-Gründer mit SEK Ventures, haben im in dieser Zeit in bis zu sechs verschiedene Startups investiert.
Ausländische Investoren glauben an deutsche FinTechs
Etwa 16 % der Investoren (457) kamen aus dem Ausland. Allen voran Speedinvest, Entrepreneur First und Howzat Partners, die jeweils fünf oder mehr deutsche Startups finanzierten. In den Bereichen FinTech, Gaming und Blockchain erhielten mehr als die Hälfte der finanzierten Startups Geld von ausländischen Investoren. Gänzlich ohne ausländisches Geld mussten Startups in den ohnehin gründungsschwachen Ländern Thüringen und Saarland auskommen.
Der auf den Daten von startupdetector beruhende Report soll von nun an jährlich erscheinen.